Schulbegleitung: Wann habe ich Anspruch?

Lisa Humpert • 5. November 2025

Wann bekommt mein Kind eine Schulbegleitung?


Voraussetzungen, Ablehnungsgründe und was Sie als Eltern tun können


Viele Eltern fragen sich, ab wann Schulbegleitung überhaupt möglich oder sinnvoll ist. Oft kommt die Frage erst auf, wenn Lehrkräfte oder Therapeut:innen sagen: „Ihr Kind braucht im Schulalltag mehr Unterstützung.“

Doch nicht jede Herausforderung reicht automatisch für eine Bewilligung. Die Ämter prüfen genau, ob tatsächlich eine
Beeinträchtigung der schulischen Teilhabe vorliegt – also ob Ihr Kind ohne Unterstützung nicht gleichberechtigt am Unterricht teilnehmen kann.

In diesem Beitrag erfahren Sie,

  • wann Kinder Anspruch auf Schulbegleitung haben,
  • welche typischen Erkrankungen oder Beeinträchtigungen berücksichtigt werden,
  • warum Anträge häufig abgelehnt werden und
  • wie Sie bei einer Ablehnung erfolgreich Widerspruch einlegen können.


Voraussetzungen: Wann ist Schulbegleitung möglich?


Die Schulbegleitung ist keine „Zusatzhilfe für schwierige Phasen“, sondern eine Teilhabeleistung im Rahmen der Eingliederungshilfe oder Jugendhilfe. Sie soll sicherstellen, dass ein Kind mit Behinderung oder Beeinträchtigung gleichberechtigt am Unterricht teilnehmen kann.

1. Es liegt eine anerkannte Beeinträchtigung vor

Je nach Art der Beeinträchtigung gibt es zwei gesetzliche Grundlagen:

  • § 35a SGB VIII (seelische Beeinträchtigung) – Zuständig: Jugendamt
    Beispiele:
  • Autismus-Spektrum-Störungen (z. B. Asperger, frühkindlicher Autismus)
  • ADHS in starker Ausprägung
  • Angst- und Zwangsstörungen
  • Depressionen, emotionale Störungen, Traumatisierungen
  • schwere soziale Anpassungsschwierigkeiten

  • § 112 SGB IX (körperliche oder geistige Behinderung) – Zuständig: Eingliederungshilfe / Sozialamt
    Beispiele:
  • Körperliche oder motorische Einschränkungen (z. B. Muskelerkrankungen, Spastiken, Mobilitätseinschränkungen)
  • Seh- oder Hörbehinderung
  • Geistige Behinderung oder Entwicklungsverzögerung
  • chronische Erkrankungen (z. B. Epilepsie, Diabetes, Mukoviszidose)
  • Mehrfachbehinderungen


2. Die Beeinträchtigung ist dauerhaft oder erheblich

Damit ein Anspruch besteht, muss die Einschränkung länger als sechs Monate andauern und die schulische Teilhabe erheblich beeinträchtigen. Das bedeutet: Ihr Kind braucht im Unterricht regelmäßig und wiederkehrend Hilfe und nicht nur gelegentlich oder situationsbedingt.

Beispiele aus der Praxis:

  • Ein Kind mit Autismus kann Unterrichtsinhalte nur mit konstanter Strukturhilfe und Begleitung verarbeiten.
  • Ein Kind mit ADHS verliert im Unterricht permanent den Anschluss, ohne dass gezielte Unterstützung eingreift.
  • Ein Kind mit körperlicher Behinderung kann den Schulalltag (z. B. Treppensteigen, Toilettengänge, Materialtransport) nicht allein bewältigen.


3. Der Unterstützungsbedarf geht über das hinaus, was die Schule leisten kann

Bevor eine Schulbegleitung bewilligt wird, prüft das Amt, ob die Schule selbst ausreichend unterstützen kann. Erst wenn schulinterne Ressourcen (z. B. Förderlehrkräfte, Sonderpädagog:innen, Schulsozialarbeit) nicht ausreichen, kommt die Eingliederungshilfe zum Tragen.

Wichtig:

Schulen dürfen die Unterstützung nicht aus Kostengründen verweigern. Wenn klar ist, dass der Bedarf individuell ist, muss das Amt prüfen und ggf. bewilligen.


Typische Anzeichen: Wann Eltern hellhörig werden sollten


Eltern können den Antrag auf Schulbegleitung in Betracht ziehen, wenn sie beobachten, dass ihr Kind:

  • ständig überfordert oder ängstlich in der Schule reagiert,
  • nicht selbstständig arbeiten oder Aufgaben strukturieren kann,
  • häufig Konflikte mit Mitschüler:innen oder Lehrkräften hat,
  • regelmäßig abwesend oder vermeidend reagiert (z. B. Schulangst),
  • körperlich eingeschränkt ist und Hilfe bei Mobilität, Toilettengang oder Organisation braucht,
  • oder nicht am Unterricht teilnehmen kann, obwohl geistige Fähigkeiten vorhanden sind.

Je klarer der Bedarf beschrieben und belegt ist, desto wahrscheinlicher ist eine Bewilligung.


Warum Anträge auf Schulbegleitung abgelehnt werden


Eltern erleben häufig, dass der erste Antrag abgelehnt wird. Dies kann selbst bei deutlicher Beeinträchtigung passieren. Das kann viele Gründe haben:

Formale Ablehnungsgründe

  • Fehlendes oder veraltetes fachärztliches Gutachten
  • Unvollständige Antragsunterlagen
  • Fehlende Stellungnahme der Schule zum konkreten Unterstützungsbedarf
  • Unklare Begründung, warum die Schule selbst nicht helfen kann

Inhaltliche Ablehnungsgründe

  • Der Bedarf wird als „nicht erheblich“ eingeschätzt („Ihr Kind kommt ja durch“).
  • Die Behörde sieht den Unterstützungsbedarf als pädagogische Aufgabe der Schule.
  • Es wird behauptet, die Schule habe genug eigene Ressourcen.
  • Bei ADHS oder Lernstörungen: Es wird argumentiert, die Diagnose allein reiche nicht aus.
  • Fehlinterpretation des Gesetzes: z. B. die Forderung nach einem sonderpädagogischen Förderbedarf, obwohl dieser rechtlich nicht Voraussetzung für Schulbegleitung ist.


Was tun, wenn der Antrag abgelehnt wird?


1. Ruhe bewahren und Bescheid prüfen

Eine Ablehnung ist kein Endpunkt, sondern Teil des Verfahrens. Sie haben einen Monat Zeit, um Widerspruch einzulegen.

Lesen Sie den Bescheid genau:

  • Welche Begründung nennt die Behörde?
  • Wurde die rechtliche Grundlage korrekt angewandt (SGB VIII oder SGB IX)?
  • Wurde ein Gutachten berücksichtigt oder ignoriert?

2. Akteneinsicht beantragen

Sie dürfen Einsicht in die Verwaltungsakte verlangen. So erfahren Sie, wie die Entscheidung zustande kam und ob formale oder sachliche Fehler passiert sind.

3. Widerspruch formulieren

Der Widerspruch sollte enthalten:

  • Das Aktenzeichen und Datum des Bescheids
  • Eine sachliche Begründung, warum der Bedarf tatsächlich besteht
  • Hinweis auf vorhandene Gutachten, Lehrer:innen-Stellungnahmen oder neue Nachweise

Ein einfacher Satz reicht zunächst aus:

„Hiermit lege ich Widerspruch gegen den Bescheid vom [Datum] ein. Eine Begründung folgt.“

So wahren Sie die Frist und können später nachreichen.

4. Fachliche Unterstützung suchen

Viele Eltern lassen sich von Elternverbänden, Sozialverbänden (z. B. VdK, Lebenshilfe) oder Fachanwält:innen für Sozialrecht unterstützen.

Auch Träger von Schulbegleitung bieten oft Beratung bei der Antragstellung oder beim Widerspruch an.

5. Erfolgsaussichten

Erfahrungsgemäß werden viele Widersprüche nach erneuter Prüfung positiv entschieden, wenn:

  • aktuelle Gutachten vorliegen,
  • die Beeinträchtigung klar beschrieben ist,
  • oder das Amt formale Fehler gemacht hat.

Sollte der Widerspruch abgelehnt werden, besteht die Möglichkeit einer Klage vor dem Verwaltungsgericht – oft mit guten Erfolgsaussichten, wenn die rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind.


Fazit: Frühzeitig handeln, gut dokumentieren, nicht entmutigen


Eine Schulbegleitung wird bewilligt, wenn Ihr Kind aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Beeinträchtigung nachweislich Unterstützung im Schulalltag braucht, die Schule dies nicht selbst leisten kann und die Beeinträchtigung dauerhaft oder erheblich ist.

Die meisten Ablehnungen entstehen nicht, weil der Anspruch fehlt, sondern weil Unterlagen unvollständig oder Bedarfe zu unklar beschrieben sind. Mit sorgfältiger Vorbereitung, fachlichen Nachweisen und einer sachlich formulierten Begründung steigen die Chancen deutlich. Im Falle einer Ablehnung bleiben Sie ruhig, dokumentieren Sie genau und holen Sie sich Unterstützung.


Schulbegleitung ist ein wichtiges Recht und kein Gefallen.


Wenn Sie unsicher sind, ob Ihr Kind Anspruch auf Schulbegleitung hat oder wie Sie einen abgelehnten Antrag prüfen können stehen wir Ihnen gerne mit Rat und Tat zur Seite. Wir als TeamLike Schulbegleitung verfügen über ein breites Netzwerk und kennen für jedes Problem die passenden Ansprechpartner.


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